27.7.2016
Der Alaska Highway ist etwas weniger bergig und hügelig als die meisten Strecken, die wir bisher gefahren sind und wir kommen etwas schneller voran. Bei jeder Gelegenheit, die sich bietet am Mittag oder am Abend packt Josep seine Angelrute aus und versucht sich im Fischen. Ab und zu gelang es ihm, einen kleineren Fisch aus dem Fluss zu ziehen, aber der grosse Fang lässt noch auf sich warten. Auf einem Campingplatz trafen wir Matteo, ein lustiger Franzose, der bereits seit 1.5 Jahren mit dem Velo unterwegs ist. Er schlief dort ohne Zelt unter dem gedeckten Pavillon ohne Angst vor Bären oder Mücken oder sonstigen Tieren. Über 11 Tage fuhren wir schlussendlich mit ihm. Dazwischen haben wir uns mindestens dreimal verabschiedet und uns aber immer wieder getroffen!
Watson Lake war das Ziel der ersten Etappe. Dieses Dorf ist insbesondere berühmt für den „Signpost-Forest“, ein riesiges Areal voller Schilder und Ortstafeln aus aller Welt. Unter anderem fanden sich da auch „Aarberg“, „Uettligen“ und „Luzern“.
Vielmehr Sehenswertes hatte der Ort nicht zu bieten und so füllten wir im Supermarkt unsere Taschen mit Essen für einige Tage und kehrten noch am gleichen Tag wieder um Richtung Stewart Cassiar Highway. Diese Strasse ist viel kleiner und weniger befahren als der Alaska Highway, wir waren wieder etwas mehr in der Wildnis. So gefällt es uns! Die Landschaft ist – wie überall – sehr schön und auch das Wetter zeigte sich – zumindest vorerst- von der schönsten Seite. Beim Boya Lake legten wir den ersten Stop ein und stellten unser Zelt direkt am wunderschönen See auf. Das Bad im See war sehr erfrischend.
Bei einem weiteren Stop wurden wir von von den Zeltnachbarn Jeremy und Terry zu einem Bier und Essen eingeladen und verbrachten einen unterhaltsamen Abend. Nur unterschätzten diese wohl etwas den Hunger von Velofahrern und die Portionen waren für unsere Verhältnisse eher klein. So war die Packung Guetzli zum Dessert ruck-zuck weggegessen von uns und vor dem Schlafen assen wir noch zusätzlich einige Nutella-Brote und Guetzli aus unseren Vorräten.
Mit den Fischern Jeremy and Terry
Am nächsten Tag gingen Jeremy und Terry früh fischen und kamen mit drei grossen Hechten zurück, die sie dann zumindest teilweise gleich zum Frühstück verzehrten zusammen mit „Eggs and Bacon“. Auch wir kamen in den Genuss, die leckeren, frisch gefangenen Fische zu probieren. Gestärkt ging es weiter, stetig auf und ab, nun wieder fast genauso hügelig wie die meisten Strassen bisher.
Die Zeit auf dem Velo vergeht trotz langen Etappen meist schnell; mit Matteo lachen wir viel. Dank seinem kleinen Lautsprecher hören wir auch ab und zu Musik und singen dazu. Dies ist auch ein gutes Mittel gegen die Bären. Jeden Tag schliessen wir eine Wette ab, wieviele Bären und Velofahrer wir sehen werden. Doch meistens liegen wir alle falsch. Bären haben wir nur an einem Tag gesehen, dafür gerade vier! Einer davon kam plötzlich nur gerade zwei Meter unter uns die Böschung hochgelaufen, als wir auf einer Brücke stoppten und im Bach darunter Wasser auffüllen wollten. Langsam traten wir den Rückzug an und der Bär kam bis auf die Strasse, stellte sich auf zwei Beine auf ein Verkehrsschild und schaute uns neugierig an, bevor er dann beim nächsten Auto in die Büsche verschwand. Wir entschieden uns, unsere Flaschen doch besser an einem anderen Ort aufzufüllen. Etwa in der Hälfte des Stewart-Cassiars wachten wir dann unter strömendem Regen auf. Wir blieben bis Mittag im trockenen Zelt und als es bis dann nicht aufhört zu regnen, fuhren wir doch noch die 50 km bis zur Bell 2 Lodge. Dort konnten wir unsere Sachen trocknen und im Restaurant essen. Wie wir erfahren, ist Bell 2 ist im Winter sehr berühmt fürs Heli-Skiing. Leider sind die hohen Berge rundum jedoch wolkenverhangen. Auch am nächsten Tag hat es noch nicht aufgehört zu regnen, trotzdem fahren wir weiter, da sich die Vorräte doch langsam dem Ende zuneigen. Nach über 90 km im durchgehend strömenden Regen sind wir trotz guter Gore-Tex Kleidung bis auf die Knochen nass und sind froh, endlich beim Mediazin Lake anzukommen, wo wir auf dem Campingplatz einen gedeckten Pavillon vorfinden. Den nehmen wir gleich in Beschlag und hängen unsere Sachen zum Trocknen auf.
Am nächsten Tag fährt Matteo schon weiter und wir legen einen Ruhetag ein, da sich 14 Tage Non-Stop-Velofahren doch langsam auf unsere Kräfte auswirkten. Am gleichen Tag schreibt Kirstin, mit der wir vorher länger gefahren sind, dass sie am folgenden Tag in Kitwanga sei. Sie ist mit der Fähre nach Prince Rupert gefahren und fährt nun Richtung Prince George. Es fehlten uns jedoch noch 157 km bis dahin und wir hatten doch einige Zweifel, ob wir dies schaffen können. Mit viel Motivation stehen wir am nächsten Morgen um 05:30 auf und fahren los. Wir kommen gut voran und nach anfänglichem Gegenwind dreht sich der Wind sogar um 180 Grad und weht uns in den Rücken. Mit für uns Rekordgeschwindigkeit kommen wir um 17:30 in Kitwanga an. Dort treffen wir per Zufall in einem Park wieder auf Matteo und freuten uns riesig! Auch Kirstin traf etwas später ein, begleitet von Hilde und Barbara (www.slow-cycling.de), zwei weiteren deutschen Velofahrerinnen, die wir auch bereits zweimal getroffen hatten. So wurden ausführlich die Geschichten ausgetauscht und ein Festessen veranstaltet. Bier war im Ort nirgends zu kaufen, da insbesondere die „Native Americans“ grössere Alkoholprobleme haben. Nach einem Anruf der Campingplatzinhaberin, konnten wir dann von einem Einheimischen im Ort doch noch so halb-legal einige Biere auftreiben.
Alle vier verabschiedeten sich am nächsten Morgen und fuhren weiter Richtung Prince George und den Rocky Mountains. Wir beide machten uns auf den Weg in Richtung Prince Rupert am Meer. Von dort werden wir Ende Juli die Fähre Richtung Vancouverisland nehmen. Jetzt gerade sind wir in Terrace. Hier sind wir wieder richtig in der Zivilisation! Es gibt richtige Orte und sogar kleine Städte, viel mehr Verkehr und das Essen ist nun viel günstiger. Erstmals seit dem Norden wird hier auch Landwirtschaft betrieben und wir erstehen bei einem von zahlreichen „Organic Vegetables stands“ feine Zuchetti, Heidelbeeren und Himbeeren. Auch brauchen wir seit einigen Tagen erstmals eine Taschenlampe am Abend, da es nun doch ab 21:30 schon ziemlich dunkel wird. Seit 1.5 Monaten haben wir auch mal wieder eine gute Internetverbindung (nicht mehr Satellit) und können nun hoffentlich bald unseren Blog wieder aktualisieren!