USA Pazifikküste

26.8.2016

Bevor wir in Victoria in die die Fähre stiegen Richtung Port Angeles und zurück in die USA galt es noch den amerikanischen Zoll zu überwinden. Etwas nervös waren wir schon, denn wir mussten den Zöllner überzeugen, uns noch zwei Monate mehr in den USA zu geben. Es begann zuerst nicht so gut: „You want what? TWO  whole month more? You have to go back to your homecountry to get more time.“ Nach einiger Zeit konnten wir ihn dann doch noch überzeugen, dass wir ganz sicher wieder aus den USA ausreisen werden und somit nicht hier untertauchen werden. Beschwingt und mit weiteren 60 Tagen Aufenthaltsbewilligung im Sack betraten wir die Fähre. Schon auf der Fähre wähnt man sich wieder in den USA. Spät kamen wir an und so war die einzige Unterkunft, die wir fanden ein sogenannter RV und Mobile Homepark am Stadtrand von Port Angeles. Die meisten Bewohner wohnen dort permanent in meist schäbigen Wohnwagen, da sie sich eine Wohnung nicht leisten können. Eine ziemlich betrunkene und vermutlich auf Drogen stehende Frau kümmerte sich um uns da die Besitzer vermutlich schon im Bett waren. Zwischen zwei Containerhäusern konnten wir auf einem schmalen Stück Rasen unser Zelt aufstellen. Auch im weiteren Vetlauf der Reise begegneten wir vielen von diesen permanenten Mobile-Homeparks, die denjenigen Ein billiges Zuhause bieten, die durch die Maschen des doch sehr dürftigen US Sozialsystems gefallen sind.

In 20 Tagen wollen wir von Port Angeles bis San Francisco fahren, was ein relativ sportliches Ziel ist! Die ersten Tage zurück in den USA führten uns durch die Olympus-Halbinsel an die Küste von Washington State. Wir legten jeden Tag ziemlich viele Kilometer zurück in den ersten Tagen. Deutlich sind die Unterschiede zu Kanada zu erkennen. Einerseits ist es wieder etwas einsamer und wilder als die Vancouver Island. Andererseits scheinen die Bewohner hier doch sehr konservativ zu sein. So entdecken wir tatsächlich die ersten Plakate von Trump Supportern, natürlich bei Häusern die rund herum mit vielen Amerikafahnen bestückt waren. Es gibt sie also tatsächlich!

Trump Supporter in Washington State Trump Supporter in Washington StateTypisch Amerikanisch: Hier gibt es z.B. Cinnabon-Hundebiskuits! Typisch Amerikanisch: Hier gibt es z.B. Cinnabon-Hundebiskuits!

Das Landesinnern war geprägt von grossen Wäldern und schönen Seen. Von der Küste sahen wir wenig, denn diese war in den ersten Tagen stets in tiefen Nebel gehüllt. Entsprechend kalt waren auch die Nächte an der Küste, schon früh schlüpften wir jeweils ins Zelt.

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Der Weg führte uns auch vorbei an Aberdeen, der Geburtsstadt des verstorbenen Nirvana-Sängers  Curt Cobain. Diese Stadt ist jedoch ziemlich heruntergekommen und scheint mit vielen sozialen Problemen zu kämpfen haben. Weiter südlich durften wir die wilde und einsame Pazifikküste erstmals ohne Nebel geniessen und fortan ging es südlich entlang der berühmten US 101.

Unser Lieblingsfrühstück: Haferbrei mit selbst gepflückten Brombeeren Unser Lieblingsfrühstück: Haferbrei mit selbst gepflückten Brombeeren

Über eine sechs Kilometer lange Brücke gelangten wir nach Astoria in Oregon. Die Brücke war auf der Washington-Seite komplett in Nebel gehüllt. Richtung Astoria lichtete sich der Nebel dann langsam und wenn man zurück schaute, sah man die Brücke im Nebel verschwinden. Im Wasser unter der Brücke tummelten sich zahlreiche Seehunde, die sich wohl genauso an den aufsteigenden Lachsen im Columbiariver erfreuten, wie die unzähligen kleinen Fischerboote.

Seehunde Seehunde

Im Tourismusbüro wurden wir eingedeckt mit einer exzellenten Karte der Fahrradroute der Küste entlang Richtung Süden. In einem gemütlichen Kaffee spricht uns Tim an, ein vielgereister Schreiner, der in Astoria wohnt. Spontan lädt er uns ein, bei sich zu wohnen für eine Nacht. Dankbar nehmen wir das Angebot an. Als wir später dort ankommen, drückten er und seine Frau Katie uns einfach den Schlüssel in die Hand, zeigten uns Zimmer, Bad und ihre Küche und verliessen dann das Haus um eine Kunstausstellung zu besichtigen mit Freunden. Wir kochen, erfreuen uns ab einer Terasse mit super Aussicht und sind überwältigt von dieser spontanen Gastfreundschaft. Am nächsten morgen gehen wir mit den beiden und einer Gruppe von Freunden von ihnen Frühstücken in einem Kaffee direkt am Fluss in einer stillgelegten Konservenfabrik. Nach ausgedehnten Diskussionen über das Leben in Portland und über das Marihuanarauchen, das in Oregon übrigens seit zwei Jahren legal ist, verabschiedeten wir uns und fuhren weiter. Dies nicht ohne zuerst noch einen Abstecher zu machen zu den zahlreichen Seelöwen, die laut brüllend Teile des Hafens in Beschlag  genommen haben und die man aus unmittelbarer Nähe beobachten konnte.

Philosophieren und Kaffee am Sonntagmorgen in Astoria Philosophieren und Kaffee am Sonntagmorgen in AstoriaSeelöwen Seelöwen

Die ersten Kilometer war die Strasse sehr stark befahren, was unter anderem auch wegen des Wochenendverkehrs der Fall war. Zudem war es mit Anfangs August auch gerade Hochsaison für die Touristen. Auch die Campingplätze schienen alle ausgebucht, aber glücklicherweise gab es immer sogenannte “Hiker-Biker”-Plätze, wo wir für je 5 Dollar unser Zelt meist etwas abseits vom Trubel aufstellen konnten. Auf diesen Campingplätzen traf man sich am Abend auch immer wieder mit anderen Radfahrern. Die meisten davon sind zwei bis drei Wochen unterwegs und einiges leichter beladen als wir beide. Mit Gregor aus Österreich und Alex aus Québec fuhren wir über mehrere Tage zusammen und hatten eine lustige Zeit. Insbesondere bleiben unsere “Fress”-Eskapaden in Erinnerung: mit Donuts, allerlei weiteren Süssigkeiten sowie Hamburger und Pommes Frites frönten wir der amerikanischen Esskultur. Dazwischen kochten wir aber durchaus auch hochstehendere kulinarische Köstlichkeiten. Die vielen Kalorien wurden in schweisstreibenden Etappen jedoch gleich wieder verbrannten.

Mit Gregor und Alex Mit Gregor und Alex

Die Küste Oregons ist wild zerklüfft mit markanten Felsen, wilden Wellen, teilweise Sanddünen und schönem weissen Sand. Nur das Wasser war definitiv zu kalt und die Strömungen zu gefährlich zum baden. Da werden wir wohl bis Mexico warten müssen! Je weiter südlich wir kommen, desto kälter wurde es nämlich paradoxerweise. Häuftig lag am morgen ein dicker Nebel über der Küste, der sich jedoch meistens im Verlaufe des Tages wieder auflöste. Dafür regnete es die ganzen drei Wochen bis San Francisco nicht ein einziges Mal!

Oregon Coast Oregon CoastOregon Coast Oregon CoastSpaziergang in den Dünen an der Oregonküste Spaziergang in den Dünen an der Oregonküste

In Tillamook steht eine grosse Käsefabrik und gleichzeitig eine der grössten Touristenattraktionen der Region. Dem foliengereiften, geschmacklosen Käse sowie den mit Gelatine gemachten, künstlich schmeckenden Joghurts konnten wir wenig abgewinnen. Umso besser schmeckte jedoch das Eis nach italienischer Art, das sie im Shop verkauften und unser wahrer Grund für den Stop. Josep ist enttäuscht als ich nur je eine (wenn auch grosse!) Kugel mitbringe. Er verschwindet daraufhin nochmals in den Shop und kommt mit einem weiteren Cornet mit zwei Kugeln raus, die der Kellner auf seinen Wunsch extragross gestaltet hat.

In Crescent City, der ersten grösseren Stadt in Kalifornien übernachteten wir bei Warmshower-Host Katie in einem Kirchenzentrum. Zusammen mit zehn weiteren Velofahrern durften wir in ei em grossen Raum unsere Luftmatrazen auslegen, eine Dusche nehmen und die grosszügige Küche gebrauchen. Alex kündigt uns die beste Guacamole der Welt an und enttäuscht uns tatsächlich nicht: seine Guacamole mit getrockneten Tomaten und viel Koriander war wirklich ein Hit! Am nächsten Morgen führte uns der Weg durch den Redwood Nationalpark. Die Fahrt durch den Wald mit einigen der höchsten, breitesten und ältesten Bäume der Welt war für ein ganz besonderes Erlebnis. Neben diesen riesigen, bis zu 2000-jährigen Bäumen fühlte man sich plötzlich so klein!

In den Redwoods In den RedwoodsIm Redwood Nationalpark Im Redwood Nationalpark

Nach den Redwood-Wäldern führte der Weg über das Landesinnere von Kalifornien, wo es mindestens zehn Grad wärmer ist als an der Küste. Auffallend ist auch die Trockenheit des Landes. Sogar Kuhweiden müssen hier bewässert werden. Zurück an der Küste war es wieder angenehm kühl mit Hochnebel. Doch weiter südlich lichtete sich der Nebel allmählich und machte der strahlenden Sonne Platz.

Küste Kaliforniens Küste Kaliforniens

Für die vorletzte Etappe hatten wir uns als Ziel einen Campingplatz in einer Distanz von ca 110 km ausgesucht. Unterwegs gefiel es uns jedoch so gut, dass wir einmal in einem gemütlichen Kaffee direkt am Meer einen längeren Stop einlegten und dann noch einen zweiten zum Austernessen und Weintrinken in einem Dorf mit dem Namen “Marshall”. Dort fühlte insbesondere Christina sehr wohl- bei diesem Namen!

Austern essen in Marshall Austern essen in Marshall

Die letzten 15 km mit Wein im Blut und doch schon vielen Kilometer in den Beinen, waren ziemlich harzig. Und als wir in der Dämmerung beim Campingplatz ankamen, stellte sich heraus, dass dieser ganze 40 Dollar pro Zelt kostete und dabei nicht mal besonders schön war. So fuhren wir deshalb nochmals 10 Kilometer weiter – nun im Dunkeln- bis zum nächsten Statepark. Dafür war San Francisco von hier nur noch 40 Kilometer entfernt! Der Weg in die Stadt durch hübsche Vororte gestaltete sich viel angenehmer als gedacht und viele andere Velofahrer sind unterwegs. Und dann tauchte sie endlich auf vor uns: die Golden Gate-Bridge! Nach fast 6000 Kilometer auf den Rädern haben wir somit eine erste Etappe abgeschlossen!

Geschafft! Vor der Golden Gate Bridge Geschafft! Vor der Golden Gate Bridge

Und werden die Räder nun für eine Weile abstellen. Josep reist in die Schweiz und nach Spanien zurück und Christina wird mit Linda, einer Freundin von ihr, einen Roadtrip machen. Übernachten durften wir bei Marisol, eine Mexikanerin die bei Facebook arbeitet. Sie ist die Cousine von einem Kollege aus Mexico, der den Kontakt erstellt hat. Gerade ist auch ihre Mutter zu Besuch- dennoch dürfen wir mit ihnen in ihrem kleinen Studio übernachten. Wir sind wieder einmal überwältigt von dieser Gastfreundschaft. Am Abend gehen wir mit Marisol essen und kurze Zeit  stösst auch Linda dazu, die bereits vor zwei Tagen angekommen war.

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